04.06.20-Unterwegs in Kältelöchern des Bayerwaldes

Am 04.06.2020 streifte ich quer durch den südöstlichen Bayerwald im nördlichen/nordöstlichen Landkreis Freyung-Grafenau. Ich wanderte dabei durch einige Kältelöcher des Hinteren Bayerwaldes Nähe der tschechischen Grenze zwischen Mauth, Finsterau, Scheurek, Schnellenzipf und Haidmühle. Das Wetter selbst präsentierte sich an diesem Tag leider zeitweise stark bewölkt bis bedeckt mit nur wenigen Wolkenlücken. Phasenweise fielen sogar ein paar Regentropfen.

Die nachfolgenden Fotos wurden in den Gemeinden Mauth, Haidmühle und Neureichenau im südöstlichen Hinteren Bayerwald aufgenommen. Einige Bilder davon stammen dabei aus dem verschwundenem Dorf Scheurek (965 m ü. NN) direkt an der deutsch-tschechischen Grenze. Dieser Standort ist mitunter der Kälteste des Böhmerwaldes auf bayerischer Seite! Im Januar 2016 sank dort die Temperatur beispielsweise auf -34,0 °C (am 22.01.2016) ab! Selbst in den Sommermonaten ist dort Luftfrost teils unter -5 °C und Bodenfrost an die -10 °C möglich.

So wir starten unsere Fototour in Annathal (Gemeinde Mauth). In der dortigen Talmulde auf knapp 730 m Höhe sammelt sich in sternenklaren Nächten die feucht-kalte Luft, da sich das ohnehin bereits sehr schmale Tal zusätzlich talabwärts weiter verengt. Hier im Bild sieht man die Flora und Fauna in der Talmulde von Annathal:


Danach ging es rasch von Annathal über Mauth, Zwölfhäuser weiter nach Hohenröhren. Von dort aus 880 m Höhe bietet sich ein toller Ausblick nach Nordwesten zum Holstein (1196 m), Sulzriegel (1260 m), Lusen (1373 m) und zum 1340 m hohen Steinfleckberg:


Dann war mein nächstes Ziel der über 1000 m hoch gelegene Ort Finsterau. Die höchsten Anwesen befinden sich auf 1060 m Höhe. Von Finsterau aus machte ich eine kleine Rundwanderung über die Hammerklause (904 m NN) und zum verlassenen ehemaligen Dorf Scheurek (965-1020 m NN). Hier im Bild ist die Hammerklause zu sehen:


Nochmals der Blick über die Hammerklause bei Finsterau auf 904 m Höhe. „Klausen“ sind mittels eines Wehrs aufgestaute Gewässer, die in früheren Zeiten für den Holztransport angelegt wurden. Die Hammerklause, die im 19. Jahrhundert erbaut worden war, ist eine davon. Ein Tor im Staudamm machte es möglich das Wasser aus der Hammerklause in einem Schwall auslaufen zu lassen. Mit diesem künstlich erzeugten Hochwasser konnte Holz aus diesem Gebiet zur Donau hinabgespült werden. Heutzutage wird die Klause nicht mehr für den Holztransport benötigt. Der kleine See dient jedoch als wichtiger Lebensraum für seltene Tierarten wie z.B. Libellen:


Von der Hammerklause ging es zügig weiter in Richtung Nordosten nach Scheurek an die deutsch-tschechische Grenze. Ich ging für längere Zeit die deutsch-tschechische Grenze im Wald entlang und zwar so lange bis ich das verschwundene Dort Scheurek erreicht hatte:


Im verschwundenen Dorf Scheurek (auch Scheureck/Zdarek) direkt an der heutigen deutsch-tschechischen Grenze lebten einst bis zu 170 Menschen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die deutsche Bevölkerung vertrieben und die Gebäude abgerissen. Heute erinnern nur noch die Grundmauern an die einstigen Häuser. Hier im Bild sind Grenzpfosten und Grenzsteine zu sehen:


Blick über den Talgrund in Scheurek, welcher sich auf 965 m Höhe befindet. Dieser Bereich ist einer der kältesten Punkte des Böhmerwaldes auf bayerischer Seite. Am 22.01.2016 wurden hier in Scheurek -34,0 °C in 2,2 Meter Höhe gemessen, wobei dort erst seit dem Jahr 2014 gemessen wird. In früheren Jahren sollte dort auch die -40 Grad-Marke schon einige Male gefallen sein:


Wie man sieht wachsen hier in Scheurek aufgrund der rauen klimatischen Verhältnisse fast nur noch ausschließlich Fichten und Latschen. Laubbäume in Form von Birken oder Bergahorn sind hier im Bereich kaum vorzufinden. Im Schnitt treten hier in Scheurek (965 m) pro Jahr satte 250 Luftfrosttage und knapp 300 Tage mit Bodenfrost auf, was selbst den Fichten hier einiges abverlangt:


Man sieht hier im Tal entlang ständig noch Überreste der einstigen Häuser in Form von Grundmauern. Dort wo vor über 65 Jahren noch Menschen gelebt haben, wachsen nun einzelne Fichten. Die Menschen früher waren hier rauen klimatischen Bedingungen ausgesetzt, einzelne Häuser standen sogar direkt in der Talmulde, in welcher z.B. am 20.01.2019 eine Tiefsttemperatur in 2,2 Meter Höhe von -29,7 °C gemessen wurde. Wenn man bedenkt, dass in früheren Jahren richtige Kaltwinter dabei waren, kann man sich ausmalen wie sibirisch die Verhältnisse hier häufig in den Wintermonaten waren:


Die einstige Streusiedlung Scheurek erstreckte sich über fast einem Kilometer. Auch hier am Hang fand man noch viele Grundmauern einstiger Häuser vor. Das Wetter selbst präsentierte sich grau in grau und es setzte zeitweise leichter Regen von Westen her ein:


Hier ist der Blick über das östliche Scheureker Tal zu sehen, hier befindet sich das Hochmoorkomplex Scheureker Filz (Žďárecká slať) auf 970 bis 990 m Höhe. Etwa in der Bildmitte sieht man entlang des Baches die dortige Temperaturmessstation, welche seit dem Jahr 2014 durch ehrenamtliche Hobbymeteorlogen aufgestellt wurde und die Temperatur in 2,2 Meter Höhe misst. Zudem ist dort auch ein Sonnenscheinsensor und ein Bodentemperatursensor (5 cm) im Einsatz:


Blick auf einen Teil von Scheurek (ca. 970 m NN). Der Talgrund selbst ist kaum bis gar nicht von Bäumen bewachsen. Einzelne junge Fichten sind zwar in den letzten Jahrzehnten in die Höhe gewachsen, allerdings weißen gerade die ganz jungen Exemplare (maximal 15 Jahre alt) starke Frostschäden auf. Ich habe einige kleine Fichten (bis 50 cm Höhe) gesehen, welche von den letzten Jahren so starke Frostschäden aufweisen, dass diese kurz vor dem Ende stehen. Selbst Fichten haben es hier somit durch das raue Klima nicht leicht. Auch die Heidelbeersträucher wiesen sowohl frische als auch ältere Frostschäden auf. Vermehrt sieht man hier in Scheurek auch Latschenkiefern, welche sich noch am besten an das Klima anpassen können. Vereinzelt sieht man an den Waldrändern noch Birken, welche am 04.06.2020 teilweise immer noch kahl waren bzw. erst in Blüte standen. Um es kurz zu machen: Man merkt in diesem Hochtal der Natur das raue Klima mit den sehr häufigen Bodenfrösten (auch in den Sommermonaten) deutlich an:


Die Temperaturmessstation (mit Lufttemperatur-, Bodentemperatur-, und Sonnenscheinsensor) im Detail. Die Heidelbeersträucher ganz im Vordergrund weißen massive Frostschäden auf. Die Natur ist hier aufgrund der häufig auftretenden nächtlichen Kaltluftseen im Vergleich zu exponierteren Lagen (auf gleicher Höhenlage) noch deutlich zurück:


Direkt neben der Temperaturmessstation sah ich kleine Fichten mit erheblichen Frostschäden, welche in den letzten Jahren (unterschiedliche Jahre) entstanden sind. Selbst in den Sommermonaten können hier bei kalten Wetterlagen in Bodennähe bis knapp -10 °C auftreten. Mitte Juli letzten Jahres 2019 gab es hier beispielsweise Luftfrost bis unter -4 °C. Am 02.07.2018 gab es sogar eine Tiefsttemperatur von -5 °C. Seit Messbeginn 2014 verging hier am Standort noch kein einziger Monat ohne jeglichen Luftfrost:


Blick über das Tal in Scheurek (965 m) an der deutsch-tschechischen Grenze im Böhmerwald. Hier bilden sich in klaren, windarmen Nächten nach Sonnenuntergang zu jeder Jahreszeit rasch ausgeprägte Kaltluftseen aus. Selbst in den Sommermonaten ist man hier vor mäßigem Luftfrost nicht sicher:


Blick über den waldfreien Talgrund in Scheurek, wo sich der Rothbach (Červený potok) seinen Weg (bei nur äußerst leichtem Gefälle) bahnt. Auch an dieser Stelle direkt an der deutsch-tschechischen Grenze konnte ich starke Frostschäden an der dortigen Flora und Fauna feststellen:


Dann lief mir dieser Waldmistkäfer über den Weg:


Waldmistkäfer in Finsterau-Scheurek:


Und hier noch ein letzter Blick zurück auf das Scheureker Hochtal:


Danach ging ich zurück nach Finsterau und von dort ging es dann weiter nach Haidmühle. Ich besuchte die dortige MeteoGroup Wetterstation auf 809 m Höhe. Einst war dies vor einigen Jahren mal eine Kachelmannwetterstation. Haidmühle befindet sich im Tal der Kalten Moldau auf einer Höhenlage zwischen 805 und 850 Meter. Die Wetterstation befindet sich dabei direkt in der Talsenke etwa 50 Meter von der Kalten Moldau entfernt. In sternenklaren Nächten sammelt sich hier entlang der Talmulde die feucht-kalte Luft und staut sich hier recht gut auf, denn das Tal verengt sich talabwärts (in Richtung tschechische Grenze) deutlich. Nächtliche Kaltluftseen sind dann die Folge, was in den letzten 15 Jahren hier am Standort schon mehrfach unter -25 °C brachte. Auch Temperaturen von knapp unter -30 °C gab es hier in den vergangenen Jahren bereits. Hier im Bild sieht man die MeteoGroup Wetterstation Haidmühle mit Regenmesser, Temperatur-, Luftfeuchte- und Sonnenscheinsensor. Auch in diesem Kälteloch hing die Natur am 04. Juni 2020 noch deutlich hinterher. Wie man auf dem Bild sieht, waren die Eichen (links im Bild) noch nicht ausgetrieben:


Blick auf die komplette MeteoGroup Wetterstatation Haidmühle von Westen her. Dieses Mal ist auch noch der Windmast mit dem Anemomter (Windmesser) zu sehen:


Nähere Ansicht der Wettersensoren (Wetterhütte, Regenmesser und Windmast) in Haidmühle:


Hier sieht man die aktiv belüftete Wetterhütte in 2 Meter Höhe, den Bodentemperatursensor in 5 cm Höhe und den Lambrecht-Niederschlagsmesser:


Hier ist schließlich noch die Detailansicht des Windmessers und des Windrichtungsmessers an der MeteoGroup Wetterstation Haidmühle zu sehen:


Und zum Schluss machte ich mich noch auf den Weg zum Dreisesselberg (1309 m NN), wo ich wenige Tage zuvor meine 5. Wetterstation des Wettermessneztes Ostbayern in Betrieb genommen hatte. Hier im Bild ist die Wetterstation am Dreisesselberg (1309 m NN) am Nachmittag des 04. Juni 2020 zu sehen:


Hier ist der Blick von der Wetterstation Dreisessel nach Norden zum höchsten Punkt des Dreisesselmassivs, dem 1333 m hohen Hochstein, zu sehen:


Hier ist noch der abschließende Blick vom Dreisesselberg nach Osten zum Plöckensteinmassiv, Hochkamm, Steinerenem Meer und Dreiländereck zu sehen:

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